Winzer im Portrait: Christof Winkler-Hermaden
Ursprünglich erstellt: Mai 2019
Die Zukunft der Weinherstellung ist im Umbruch. Nicht nur ändern sich die klimatischen Bedingungen, sondern ebenso Anspruch und Trinkverhalten der Kunden. Bio-Weine sind immer gefragter, der Bedarf an hochwertigen, alkoholfreien Weinen spiegelt eine veränderte Einstellung zum Alkoholgenuss wider.
![christof winkler hermaden portrait](https://www.mygoldenpear.com/wp-content/uploads/christof_winkler_hermaden_portrait.jpg)
Das folgende Interview führte ich 2019 mit Christof Winkler-Hermaden, einem Nachwuchswinzer, der es sich auf die Fahnen geschrieben hat, den Weinanbau zu verändern. Ich wollte wissen, was ihn bewegt und welche Vision er für die Zukunft hat. Ich habe Christof im Rahmen einer Presse-Weinverkostung im Schloss Kapfenstein getroffen.
Das Weingut Winkler-Hermaden
So auch auf den 40h messenden Weinhängen des Hauses Winkler-Hermaden. Die Familie trotzt dem reichhaltigen, vulkanischen Boden seit 2009 ursprüngliche Sorten wie Sauvignon blanc, Blauer Zweigelt und Gewürztraminer in bester Qualität ab. Nicht immer einfach, aber es lohnt sich: Das Gestein aus Basalt und Tuff sowie eine hohe Dichte an Niederschlägen im Vulkanland Steiermark bringen besonders würzige Weine hervor, allesamt aus biologisch-organischem Anbau.
Über 140 Weine, etwa hälftig Rotweine, werden so mit Leidenschaft und Erfahrung produziert. Die Weine werden traditionell in Barriquefässern aus Kapfensteiner Eiche gelagert. In der Mitte der hügeligen Landschaft thront das Schloss Kapfenstein, dass als Restaurant und Hotel ebenfalls von Familie Winkler-Hermaden betrieben wird.
Hier hat Weinbau eine lange Tradition und ist Beruf und Berufung, auch vieler junger Menschen. Ein Trend ist die Umstellung auf biologischen Weinbau. Doch dies ist nicht nur eine Frage der Tradition, die sich in einem ursprünglichen Geschmack widerspiegeln soll. In manchen Regionen macht auch der erschwerte Anbau auf den steilen Hängen die Handarbeit notwendig.
Zukunftsvisionen und Nachhaltigkeit
Doch wenn es um Gestein und Mineralien im Weinanbau geht, kann man Christof Winkler-Hermaden (Jahrgang 1987) nichts vormachen. Mit dem Studium der Pflanzenwissenschaften und Molekularen Mikrobiologie hat er einen weiteren Grundstock für die nachhaltige Ausrichtung des Weingutes gelegt. Darüber hinaus arbeitet er mit seiner Firma Saphium Biotechnology nicht nur an der Entwicklung alternativer Landwirtschaftssysteme, sondern ebenso an der Herstellung von kompostierbarem Plastik aus Wasserstoff und Kohlendioxid.
Interview mit Christof Winkler-Hermaden
Susanne: Zum Einstieg eine einfache Frage: Magst du eher weißen oder roten Wein?
Christof: Generell trinke ich sehr gerne Rot- und Weißwein, aber zurzeit trinke ich lieber Weißwein. Das liegt vor allem daran, dass ich im Sommer durch meine Allergie sehr hohe Histaminwerte im Blut habe und meine Nase durch Rotwein immer etwas zugeht. Das gibt aber auch den Anreiz sich mit diesem Thema zu beschäftigen.
Susanne: Welcher ist dein Lieblingswein eures Hauses?
Christof: Das ändert sich jedes Jahr etwas mit dem Fokus, den man setzt. Die letzten zwei bis drei Jahre hatten wir diesen stärker darauf, die Salzigkeit und Mineralität hervorzuarbeiten und dementsprechend gefallen mir Sauvignon blanc Ried Klöcher Hochwarth und Sauvignon blanc Ried Kapfensteiner Kirchleiten sehr gut.
Susanne: Du kennst dich sehr gut mit dem Boden und Gestein beim Weinbau aus, studierst Pflanzenwissenschaften. Woher kommt dein Interesse für diese Themen?
Christof: Da die letzten Jahre der Fokus sehr stark auf der Mineralität lag, war es mir besonders wichtig, mehr über Boden, Ausgangsgestein und die geologische Entstehung der Topographie zu lernen. Viel des vorhandenen Wissens stammt von meinem Urgroßvater, der das gesamte steirische Becken im Rahmen seiner Tätigkeit als Geologe an der TU Graz kartografiert hat. Der familiäre Bezug macht die Thematik nochmals ein wenig spannender.
Susanne: Einen großen Anteil der angebauten Trauben sind weiße Sorten, die einige herausragende Burgunderweine hervorbringen. Würden dich grundsätzlich Rotweine wie der Olivin, der ja beinahe ein Signature-Wein ist, reizen?
Christof: Derzeit ist für mich das Nachhaltigkeitsthema besonders stark. Darum teste ich gerade 15 neue pilzwiderstandsfähige Rebsorten, auf die wir uns in Zukunft wohl etwas mehr konzentrieren müssen. Darunter haben wir aber auch einige Rotweinsorten, die sehr vielversprechend aussehen. Ich denke, da haben wir auf jeden Fall einige Sorten mit gutem Potenzial dabei. Vielleicht haben wir in ein paar Jahren eine Art PiWi-Olivin. 🙂
Susanne: Ihr baut euren Wein biologisch-organisch an und pflückt beispielsweise eure Trauben per Hand. Welche Herausforderungen stellen sich da? Du hast von Traktoren erzählt, die den Hang herunterrollen… .
Christof: Gerade in der Steiermark gibt es durch den Steillagenweinbau in Kombination mit den hohen Niederschlägen, die über das ganze Jahr verteilt sind, immer wieder Schwierigkeiten. Im letzten Jahr (2018) war es besonders schwierig. Wir mussten achtmal mit Traktor und Seilwinde ausfahren und die Weingartentraktoren bergen. Wir hatten auch einen Fall, in dem ein Mitarbeiter über die Böschung hinaus abgerutscht war. Das macht die Arbeit hier natürlich etwas gefährlich.
Susanne: Hast du in der Vergangenheit über den Tellerrand eures Weingutes geschaut, d.h. hast du dich fachlich in anderen Weingegenden oder international umgesehen?
Christof: Ich habe eigentlich nur die Pflichtpraxiszeiten in der Schule absolviert und danach die Weinakademie begonnen. Praxis im Ausland hat mich nicht so sehr gereizt wie eine universitäre Ausbildung in einem anderen Fachgebiet. Nach dem Schulabschluss der Höheren Bundeslehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg begann ich 2008 mit meinem Bachelorstudium in Molekularbiologie und den beiden Masterstudien Pflanzenwissenschaften und Molekulare Mikrobiologie. Im Zuge dessen war ich für ein Semester in Frankreich und habe ein besseres Verständnis für molekulare Prozesse im Weinmachen erlangt.
Susanne: Bei der Weinverkostung in eurem Haus wurde klar, dass du nicht nur Interesse an eurem eigenen Weingut hast, sondern du schaust auch in die ganze Region. Was ist deine Vision für die Region?
Christof: Meine Vision ist es, dass die Region in Bezug auf Energie und Rohstoffe autark wird, ein Hotspot für Kulinarik wird und dennoch ihre Bodenständigkeit und Liebe zur Gemütlichkeit bewahrt. 🙂
Susanne: Und was ist deine persönliche Vision für euer Weingut?
Christof: Wir wollen wieder einen gemischten, landwirtschaftlichen Betrieb führen, der sich durch Nachhaltigkeit und Innovation auszeichnet. Damit haben wir schon begonnen, in dem wir unsere Felder selbst bewirtschaften. Die wirtschaftliche Nachhaltigkeit setzt aber auch voraus, dass wir die Produkte selbst veredeln und vermarkten. Beim Wein wollen wir weiter an der Qualität arbeiten, um zu den besten Weingütern der Welt zu zählen.
Susanne: Zum Abschluss: Als Sohn einer Winzerfamilie in dritter Generation bist du mit Wein aufgewachsen. Wie alt warst du, als du das erste Mal Wein getrunken hast und weißt du noch, welche Sorte es war?
Christof: Das erste Mal bewusst Wein getrunken habe ich wohl erst in der Weinbauschule. Damals war ich in etwa 14 und ich bin leider nicht mehr ganz sicher, welche Sorte es war. Ich befürchte, es war ein Grüner Veltliner. 🙂
Danke für das Interview, Christof!
Disclosure:
Dieser Artikel entstand 2019 im Zuge einer Pressereise von Österreichische Weine. Dort hatte ich u. a. die Möglichkeit, im Hotel Schloss Kapfenstein und auf dem Weingut Winkler-Hermaden mehr über die Ansprüche an den Weinanbau auf vulkanischer Erde zu erfahren.